Kann meine Katze sich bei mir erkälten?
Erkältung, Katzenschnupfen und die Frage nach der Ansteckung
Wer mit Schnupfen und Fieber im Bett liegt, erlebt oft, dass die Katze besonders nah heranrückt. Dieses Bild ist tröstlich – und wirft sofort eine Frage auf: Kann sie sich bei mir anstecken? Parallel dazu sorgt Niesen bei Katzen regelmäßig für Unsicherheit: Ist das eine „Erkältung“ wie beim Menschen, oder steckt etwas anderes dahinter? Die kurze Antwort: Die gängigen menschlichen Erkältungsviren sind für Katzen praktisch irrelevant, während Niesen bei Katzen meist eigene, felinspezifische Ursachen hat. Die lange Antwort lohnt, weil sie hilft, Risiken realistisch einzuordnen und klug zu handeln

Können Katzen sich beim Menschen anstecken – und was ist mit der „echten Grippe“?
Die klassische Erkältung des Menschen beruht auf einer ganzen Schar wirtsspezifischer Viren (vor allem Rhinoviren, daneben Adeno- und bestimmte Coronaviren). Sie docken an Rezeptoren an, die Katzenzellen so nicht bieten. Aus enger Nähe allein entsteht daher für Katzen in aller Regel kein Ansteckungsrisiko.
Eine wichtige, historisch einmalige Ausnahme hat die SARS-CoV-2-Pandemie gezeigt: Unter Alltagsbedingungen sind einzelne Übertragungen vom Menschen auf Hauskatzen belegt worden; die meisten Tiere blieben klinisch mild betroffen. Das bestätigt, dass theoretisch auch Übertragungen vom Menschen auf Katzen möglich sind – aber für die normalen Wintererkältungen eben nicht die Regel.
Anders gelagert ist die „echte Grippe“, also die Influenza. Influenzaviren besitzen eine größere Variabilität; bestimmte Stämme können Tierarten überspringen. Infektionen von Katzen durch die übliche saisonale menschliche Grippe sind extrem selten, praktisch bedeutungslos. Bekannt sind dagegen Fälle mit hochpathogenen Stämmen wie H5N1 („Vogelgrippe“), die Katzen nach dem Verzehr infizierter Vögel oder Rohmilch erkrankter Tiere befallen können. Für Halter bedeutet das: Die Katze steckt sich nicht an der eigenen Wintergrippe an – aber riskante Fütterung mit rohem Fleisch oder Rohmilch kann in Zeiten aktiver Geflügel- oder Rinder-Influenza sehr wohl gefährlich werden.
Wenn die Katze niest – akuter vs. chronischer Schnupfen, beobachten oder handeln?
Niesen bei Katzen ist selten eine „Erkältung“ im menschlichen Sinne. Am häufigsten steckt der Katzenschnupfen-Komplex dahinter – ein Zusammenspiel aus felinen Viren wie Herpesvirus (FHV-1) und Calicivirus (FCV) sowie bakteriellen Mitspielern wie Chlamydia felis oder Bordetella bronchiseptica. FHV-1 kann lebenslang im Körper verbleiben und bei Stress immer wieder aufflammen, FCV ist genetisch sehr variabel und kann neben Atemwegsinfekten auch Maulgeschwüre oder Gelenkbeschwerden auslösen.
Daneben gibt es nicht-infektiöse Ursachen: Allergien gegen Pollen oder Hausstaub, Reizungen durch Rauch oder Putzmittel oder schlicht ein Grashalm, der sich in der Nase festgesetzt hat. Ein einmaliger Nieser ist kein Grund zur Sorge. Treten Niesen, Nasenausfluss oder tränende Augen jedoch über mehrere Tage auf oder wirkt die Katze abgeschlagen, sollte ein Tierarzt aufgesucht werden.
Besonders knifflig ist chronischer Schnupfen. Manche Katzen niesen dauerhaft oder haben ständig verstopfte Nasenwege. Hier stellt sich die Frage: Kann man abwarten? Grundsätzlich gilt: Solange die Katze frisst, spielt und nur milde Symptome zeigt, kann man für kurze Zeit beobachten. Aber ein chronischer Schnupfen bedeutet oft dauerhafte Schleimhautveränderungen, erhöhtes Risiko für Sekundärinfektionen und eine deutliche Einschränkung der Lebensqualität. Alarmzeichen wie Fieber, Futterverweigerung, eitriger Ausfluss oder Atemnot erfordern sofortige tierärztliche Behandlung.
Freigänger im Herbst/Winter – drinnen behalten oder rauslassen?
Immer wieder stellt sich die Frage, ob Katzen in der kalten Jahreszeit besser im Haus bleiben sollten. Kälte allein macht Katzen nicht krank, belastet aber den Organismus. Eine durchnässte Katze, die lange draußen sitzt, verbraucht viel Energie für die Wärmeregulierung und ist dadurch anfälliger. Das größere Risiko für Freigänger ist jedoch der Kontakt zu Artgenossen, die Katzenschnupfen-Erreger tragen.
Ein plötzlicher Hausarrest im Winter bringt meist mehr Stress, als er nützt. Besser ist es, die Katze selbst entscheiden zu lassen, gleichzeitig aber Schutz zu bieten: warme Rückzugsplätze, trockene Schlafmöglichkeiten, Zugang nach drinnen und ein energiereiches Futter.
Halter können außerdem das Risiko, selbst Erreger einzuschleppen, reduzieren, indem sie nach Kontakt mit fremden Katzen die Hände waschen, Kleidung wechseln und Transportboxen oder Näpfe gründlich reinigen.
Erkältung beim Menschen und Katzenschnupfen bei Katzen – ein Vergleich
Menschliche Erkältungen verlaufen fast immer harmlos und heilen von selbst aus. Katzenschnupfen kann ähnlich mild beginnen, in vielen Fällen bessern sich die Symptome auch spontan. Aber der entscheidende Unterschied ist: Man weiß im Vorfeld nie, ob es bei einem milden Verlauf bleibt. Während eine Erkältung beim Menschen selten gefährlich ist, kann Katzenschnupfen bei ungeimpften oder jungen Katzen schwerwiegend, sogar lebensbedrohlich werden.
Denn was beginnt wie ein leichter Schnupfen, kann sich schnell ausweiten: Entzündungen können auf die Lunge übergreifen und zu einer Bronchopneumonie führen, die für Katzen lebensgefährlich ist. Wiederholte Entzündungen an den Augen können Vernarbungen und dauerhafte Blindheit verursachen. Caliciviren lösen nicht nur Niesen und Nasenausfluss aus, sondern auch schmerzhafte Maulgeschwüre oder Lahmheiten. Besonders bei Kätzchen oder geschwächten Tieren kann ein Katzenschnupfen zu Auszehrung, massiven Schmerzen und sogar zum Tod führen, wenn nicht rechtzeitig behandelt wird. Genau deshalb ist ein „einfacher Schnupfen“ bei Katzen nie auf die leichte Schulter zu nehmen.
Chronische Träger – was das für Katzen und Halter bedeutet
Viele Katzen infizieren sich schon früh im Leben mit Herpes- oder Caliciviren und tragen die Erreger dann lebenslang in sich. Das Herpesvirus nistet sich in Nervenzellen ein und bricht bei Stress wieder aus; das Calicivirus kann dauerhaft ausgeschieden werden.
Für die Katze bedeutet das, dass sie nicht dauerhaft krank ist, aber in Schüben Symptome zeigen kann. Manche Tiere leiden kaum, andere entwickeln durch wiederkehrende Entzündungen dauerhafte Schäden im Nasen-Rachenraum, die das Atmen erschweren. Für Halter heißt das: Man kann nicht heilen, aber managen. Regelmäßige tierärztliche Kontrolle, unterstützende Maßnahmen wie Inhalationen mit Kochsalzlösung, aufmerksame Beobachtung von Futteraufnahme und Allgemeinbefinden sowie Stressreduktion sind entscheidend.
In Mehrkatzenhaushalten sind getrennte Näpfe, gute Hygiene und aktuelle Impfungen für alle Tiere wichtig. Auch wenn chronische Träger ansteckend sein können, lässt sich ein stabiles Zusammenleben organisieren. Viele Katzen mit latenten Infektionen erreichen ein hohes Alter – entscheidend ist Geduld, frühzeitige Behandlung und die Akzeptanz, dass Rückfälle Teil des Krankheitsbildes sind.
Stress – ein unterschätzter Krankheitsfaktor
Stress wirkt auf das Immunsystem der Katze ähnlich wie beim Menschen. Stresshormone wie Cortisol unterdrücken die Abwehrkräfte und reaktivieren latente Viren. Ein Umzug, ein neuer Mitbewohner, Lärm durch Bauarbeiten oder die Abwesenheit des vertrauten Halters können genügen, um eine Infektion wieder auflodern zu lassen.
Oft reagieren Katzen auch auf feine Veränderungen, die der Mensch kaum bemerkt: geänderte Fütterungszeiten, neue Gerüche oder eine veränderte Stimmung im Haushalt. Je stabiler die Routinen und je mehr Rückzugsmöglichkeiten vorhanden sind, desto besser bleibt die Abwehr. Halter können viel tun, indem sie für Vorhersagbarkeit im Alltag sorgen, Ressourcen im Mehrkatzenhaushalt großzügig verteilen und Rückzugsorte schaffen.
Können Katzen den Menschen anstecken?
Die Erreger des Katzenschnupfen-Komplexes sind für Menschen praktisch ungefährlich. Eine seltene Ausnahme ist Chlamydia felis, die beim Menschen eine Bindehautentzündung hervorrufen kann. Wesentlich relevanter ist der „Katzenpilz“ (Dermatophytose), der leicht zwischen Katze und Mensch übertragen wird. Vor allem Kinder, ältere Menschen und immungeschwächte Personen sind hier gefährdet.
Auch andere Infektionen, die nichts mit Katzenschnupfen zu tun haben, können zwischen Mensch und Katze wechseln. Dazu zählen Toxoplasmen – einzellige Parasiten, die im Darm von Katzen ihre Hauptwirte finden und bei Menschen (vor allem in der Schwangerschaft) schwerwiegende Folgen haben können. Ebenfalls erwähnenswert sind Giardien, mikroskopisch kleine Darmparasiten, die Durchfälle verursachen und auch den Menschen befallen können. Diese Beispiele zeigen: Grundlegende Hygiene im Katzenhaushalt ist immer wichtig – nicht nur mit Blick auf Katzenschnupfen, sondern insgesamt.
Hausmittel bei Erkältung – was beim Menschen hilft, ist für Katzen nicht automatisch sinnvoll
Menschen schwören bei Erkältungen auf Hühnersuppe, Tee, Vitamine und Ruhe. Für Katzen lassen sich diese Rezepte nicht einfach übertragen. Viele Zutaten sind giftig, etwa Zwiebeln oder Knoblauch in Brühen. Auch ätherische Öle, die wir beim Inhalieren nutzen, sind für Katzen gefährlich.
Was sich aber übertragen lässt, sind die Prinzipien: Wärme, Ruhe und Flüssigkeit. Eine kranke Katze sollte einen warmen, zugfreien Rückzugsort haben. Flüssigkeitsaufnahme kann man fördern, indem man warmes Wasser ins Nassfutter mischt oder eine milde, völlig ungewürzte Fleischbrühe anbietet. Wichtig: Frisst die Katze gar nicht mehr, ist das ein Notfall – Katzen können rasch eine lebensbedrohliche Leberverfettung entwickeln. Ergänzend können Inhalationen mit Kochsalzlösung helfen, die Atemwege zu befeuchten und Sekrete zu lösen. Humanmedizinische Erkältungsmittel sind dagegen tabu: Schon kleine Mengen Paracetamol oder Ibuprofen sind für Katzen giftig.
Schutzmaßnahmen und Impfungen – Nutzen und mögliche Nebenwirkungen
Die wichtigste Schutzmaßnahme gegen Katzenschnupfen ist die Impfung. Sie gehört zu den Basisimpfungen, die für alle Katzen empfohlen werden. Zwar verhindert die Impfung nicht jede Infektion, sie reduziert aber die Schwere der Erkrankung deutlich und beugt schweren Komplikationen vor.
Nebenwirkungen sind möglich, meist aber mild: kurzzeitige Müdigkeit, Fieber oder eine kleine Schwellung an der Injektionsstelle. Sehr selten treten allergische Reaktionen auf. In Relation zu den Gefahren, die ein unbehandelter Katzenschnupfen birgt, ist das Risiko minimal. Für Halter bedeutet das: Impfungen sind ein zentraler Baustein im Schutz der Katze. Wichtig ist, sie individuell auf Alter, Lebensumstände und Gesundheitsstatus abzustimmen.
Auch bei chronisch kranken Katzen stellt sich die Frage, ob Impfungen überhaupt noch möglich sind. Grundsätzlich gilt: Ja, auch chronische Träger können und sollen geimpft werden, wenn ihr Allgemeinzustand stabil ist. Eine Impfung heilt die Erkrankung nicht, hilft aber, die Schwere neuer Ausbrüche zu reduzieren und schützt vor zusätzlichen Infektionen wie Katzenseuche (Panleukopenie). Wichtig ist, dass die Impfung im symptomfreien Intervall durchgeführt wird und individuell mit dem Tierarzt abgestimmt wird. Bei sehr geschwächten Tieren kann es sinnvoll sein, den Zeitpunkt zu verschieben oder ein angepasstes Impfschema zu wählen.
Fazit
Eine klassische Erkältung beim Menschen steckt Katzen nicht an, auch die übliche Grippe ist für sie keine Gefahr. Katzen niesen jedoch aus ganz anderen Gründen – oft wegen des Katzenschnupfen-Komplexes, manchmal wegen Allergien oder Umweltreizen. Freigänger sind gefährdeter, weil sie häufiger Kontakt zu Artgenossen haben, nicht weil sie frieren. Viele Katzen tragen Viren lebenslang in sich, die bei Stress immer wieder aktiv werden können. Für Halter bedeutet das: Impfungen aktuell halten, Hygiene beachten, Stress reduzieren und Symptome ernst nehmen. Während die menschliche Erkältung fast immer harmlos verläuft, kann Katzenschnupfen schwerwiegende Folgen haben – ein Unterschied, den jeder verantwortungsbewusste Katzenhalter kennen sollte.
Disclaimer
Dieser Artikel dient ausschließlich der allgemeinen Information. Er ersetzt keine tierärztliche Untersuchung oder Behandlung. Wenn Ihre Katze häufig niest, Fieber entwickelt, Futter verweigert oder andere Krankheitszeichen zeigt, suchen Sie bitte umgehend tierärztliche Hilfe auf. Geben Sie niemals humanmedizinische Erkältungsmittel an Katzen und verzichten Sie auf Hausmittel ohne tierärztliche Rücksprache
Quellen & weiterführende Literatur
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