Plattformen, Provisionen und Verantwortung – was Katzensitting über moderne Care-Arbeit verrät

Eine Katze sitzt vor einem Laptop und blickt neugierig auf den Bildschirm – Symbolbild für Digitalisierung, Care-Arbeit und Verantwortung im modernen Katzensitting.

Tierwohl braucht Strukturen – aber auch Herz.“ — Katzengesellschaft mbH

Digitale Katzenliebe – wenn Care-Arbeit zur Plattform wird

Wer seine Katze während des Urlaubs betreuen lassen möchte, landet heute fast automatisch im Internet. Plattformen wie Cat in a Flat oder Pawshake versprechen Sicherheit, Bewertungen und einfache Buchung.

Doch kaum jemand fragt, was hinter dieser Bequemlichkeit steckt: Wer trägt die Verantwortung, wenn etwas schiefgeht? Wer zahlt Steuern, Versicherungen, Sozialabgaben? Und was bedeutet diese Form der Arbeit für die Menschen, die sie leisten – und für die Tiere, um die es geht?

Katzensitting ist längst kein Nischenthema mehr. Es steht exemplarisch für den Wandel der modernen Care-Ökonomie – jenen Bereich, in dem emotionale Verantwortung, Digitalisierung und ökonomischer Druck aufeinandertreffen.

Plattformmodelle zwischen Vertrauen und Unsichtbarkeit

Digitale Plattformen funktionieren nach einem klaren Prinzip: Sie vermitteln zwischen Angebot und Nachfrage – und verdienen an jeder Transaktion mit. Im Katzensitting heißt das: Eine Person sucht Betreuung, eine andere bietet sie an, und die Plattform behält 15 bis 20 Prozent Provision.

Das Modell schafft Reichweite, aber auch Grauzonen. Viele Sitter arbeiten ohne Sozialversicherung, oft nebenberuflich, häufig ohne Rechnung. Plattformen werben mit „Versicherungen“, die nur unter bestimmten Bedingungen greifen. Eine unabhängige Kontrolle der Qualitätsstandards gibt es nicht.

Hinzu kommt: Die großen Plattformen sind nicht in Deutschland ansässig. Cat in a Flat ist eine britische Limited (Company No. 09002109, VAT 202599709), seit 2024 Teil der US-amerikanischen Rover Group. Pawshake wird von einer US-Inc. betrieben. Ob und in welchem Umfang hierzulande Steuern abgeführt werden, ist nicht öffentlich nachvollziehbar.

Damit ist Katzensitting längst Teil einer globalisierten Plattformökonomie, in der Dienstleistungen lokal erbracht, aber Gewinne international verbucht werden.

Zwischen Schwarzarbeit und Steuerpflicht

Besonders problematisch wird es, wenn Buchungen außerhalb der Plattform erfolgen. Viele Sitter bieten Kundinnen und Kunden an, „privat“ zu buchen – ohne Rechnung, ohne Provision. Was auf den ersten Blick günstiger scheint, ist rechtlich Schwarzarbeit.

Dabei gäbe es längst einen passenden Rahmen: Katzensitting zählt zu den haushaltsnahen Dienstleistungen (§ 35a EStG). Betreuung im eigenen Haushalt ist steuerlich absetzbar – aber nur, wenn sie ordnungsgemäß abgerechnet, unbar bezahlt und von einer in Deutschland steuerlich registrierten Person erbracht wird.

Einige Plattformen werben zwar mit absetzbaren Rechnungen, doch das greift nur, wenn die Sitters tatsächlich steuerpflichtig in Deutschland sind. In vielen Fällen ist das nicht gegeben. Die Folge: Kundinnen und Kunden glauben sich rechtlich sicher, sind es aber nicht.

Rechtliche und politische Dimension: Arbeit im Wandel

Mit der EU-Richtlinie zur Plattformarbeit (2024) rückt diese Problematik erstmals ins politische Bewusstsein. Die Richtlinie verpflichtet Plattformen, selbstständige Auftragnehmer zu registrieren, Einkünfte zu melden und Scheinselbstständigkeit zu vermeiden. In Deutschland setzt das Bundesarbeitsministerium (BMAS) derzeit entsprechende Regelungen um – auch für Tätigkeiten im Dienstleistungssektor.

Parallel greift die DAC7-Meldepflicht, nach der Plattformen Umsätze ihrer Nutzer an die nationalen Steuerbehörden melden müssen. Doch Kontrolle und Transparenz bleiben schwierig, solange Betreiberfirmen außerhalb Deutschlands agieren.

Rechtlich gesehen bewegt sich Katzensitting damit in einem Feld, das zwischen Privathaushalt, Dienstleistungsrecht und Plattformregulierung liegt – ein Paradebeispiel für die Lücken der digitalen Arbeitswelt.

Care-Arbeit, Geschlecht und unsichtbare Verantwortung

Die meisten Menschen, die Katzensitting anbieten, sind Frauen. Laut Deutschem Institut für Wirtschaftsforschung (DIW 2023) werden über 80 Prozent der Care-Tätigkeiten in Deutschland von Frauen ausgeführt – häufig prekär, unbezahlt oder unter Wert.

Katzensitting verdeutlicht diesen Mechanismus im Kleinen: emotionale Arbeit, hohe Verantwortung, aber geringe soziale Absicherung. Die Soziologie spricht von einer „Feminisierung der Plattformarbeit“ – Tätigkeiten, die Empathie verlangen, aber ökonomisch schlecht bewertet werden.

Damit wird Katzensitting auch zu einem Spiegel gesellschaftlicher Verhältnisse: Die Arbeit mit Lebewesen wird emotional aufgeladen, aber strukturell entwertet.

Was Katzen wirklich brauchen

Aus Sicht der Tierverhaltensforschung ist Betreuung mehr als Versorgung. Katzen sind territorial, gewohnheitsorientiert und stressanfällig. Studien der Universität Wien (2021) und der University of Lincoln (2020) zeigen, dass schon kleine Veränderungen in Tagesabläufen messbare Stressreaktionen auslösen können.

Gute Betreuung heißt also: Stabilität, Wiedererkennbarkeit und Empathie. Katzen erkennen Bezugspersonen an Stimme, Geruch und Bewegungsmustern – Rituale und vertraute Abläufe schaffen Sicherheit.

Wer Katzen betreut, übernimmt Verantwortung für ihr Wohlbefinden – und damit eine Aufgabe, die über reine Dienstleistung hinausgeht.

Das Tierschutzgesetz § 1 formuliert es klar: „Niemand darf einem Tier ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügen.“ Professionelle Betreuung ist daher nicht nur eine Frage des Komforts, sondern eine ethische Verpflichtung.

Die ökonomische Dimension: Schattenwirtschaft und Wettbewerbsdruck

Schätzungen des ifo Instituts zufolge entgehen Deutschland durch Schwarzarbeit jährlich über 70 Milliarden Euro. Selbst wenn nur ein kleiner Teil davon auf haushaltsnahe Dienstleistungen entfällt, entstehen erhebliche Steuer- und Sozialverlusten.

Legale Anbieter, die Löhne zahlen, Versicherungen abschließen und Sozialabgaben leisten, geraten dadurch in Nachteil. Das Katzensitting wird so zu einem Beispiel für ein strukturelles Dilemma: Wer korrekt arbeitet, ist teurer – wer informell agiert, wird belohnt.

Langfristig gefährdet das nicht nur faire Marktbedingungen, sondern auch Vertrauen und Qualität im gesamten Care-Sektor.

Professionalisierung als Antwort

Ein Ausweg liegt in der Professionalisierung: klare Strukturen, soziale Absicherung und Qualitätssicherung.

Bei der Katzengesellschaft mbH sind Katzensitterinnen und Katzensitter angestellt, erfahren und erreichbar. Sie arbeiten nach definierten Standards, können sich gegenseitig vertreten und werden organisatorisch unterstützt. Digitale Tools sichern Dokumentation und Transparenz, persönliche Kommunikation sorgt für Vertrauen.

So entsteht ein hybrides Modell: digital organisiert, aber menschlich getragen.

Eine Branche im Übergang

Der Wandel ist längst im Gange. In Frankreich wurde 2023 erstmals eine gesetzliche Definition für digitale Tierbetreuungsarbeit eingeführt, inklusive Versicherungspflichten und Mindeststandards. Auch in Deutschland mehren sich Stimmen, die eine stärkere Regulierung fordern – nicht um Bürokratie zu schaffen, sondern Verantwortung zu sichern.

Katzensitting zeigt, wie Digitalisierung funktionieren kann, wenn sie Verantwortung nicht ersetzt, sondern unterstützt. Was heute noch Nische ist, könnte in wenigen Jahren ein eigenständiger Berufszweig mit Ausbildung, Zertifizierung und sozialer Absicherung sein.

Fazit: Digitalisierung braucht Strukturen – und Herz

Katzensitting ist weit mehr als eine Nebentätigkeit. Es steht für den Wandel einer Gesellschaft, in der Care-Arbeit digitalisiert, aber oft unsichtbar bleibt.

Plattformen haben neue Möglichkeiten geschaffen – aber auch Risiken: fehlende Haftung, Steuerlücken, soziale Unsicherheit. Die Antwort darauf ist nicht Rückzug, sondern Verantwortung: Professionalisierung, Transparenz und faire Bedingungen.

Tiere sind Familienmitglieder. Sie brauchen keine Plattform, sondern Menschen – und Strukturen –, die Verantwortung übernehmen.

Quellen (Auswahl)

  • Companies House (UK): Cat in a Flat Ltd, Company No. 09002109, VAT 202599709

  • PR Newswire (2024): Rover Group acquires Cat in a Flat

  • Pawshake.de: Impressum & Nutzungsbedingungen

  • Uber.com: Uber Eats Germany GmbH, VAT ID DE326770205

  • European Commission (DAC7): ec.europa.eu/taxation_customs/dac7_en

  • ifo Institut (2023): Schattenwirtschaft in Deutschland

  • DIW Berlin (2023): Care-Arbeit und Gender Gaps

  • Universität Wien (2021): Verhaltensforschung Katze

  • University of Lincoln (2020): Cat Behaviour Study

  • Universität Zürich (2023): Vertrauen in Dienstleistungsbeziehungen

Hinweis:

Dieser Beitrag dient der allgemeinen Information über Strukturen und Entwicklungen im Bereich haushaltsnaher Dienstleistungen und Plattformarbeit. Alle Angaben zu Unternehmen, Rechtslagen und wirtschaftlichen Zusammenhängen basieren auf öffentlich zugänglichen Quellen (Stand: Oktober 2025). Die Nennung einzelner Anbieter erfolgt ausschließlich zur Einordnung des Marktes und impliziert keine Wertung.